Pseudogetreide – Getreide oder doch nicht?
Seit jeher gilt Getreide und dessen Weiterverarbeitung zu Mehlspeisen als DIE Errungenschaft in der Menschheitsgeschichte. Es gilt als ein Nahrungsmittel, welches für die Versorgung der Weltbevölkerung und dessen Fortbestehen an extremer Bedeutung gewonnen hat. Es gibt nahezu keinen Ort, an dem Brot keinen Platz eingenommen hat. Getreide ist auf nahezu jedem Esstisch zu finden, in Form von Toast, frischem Vollkornbrot, Müsli, Pizza, Pasta oder auch Kuchen, Kekse und andere Süßteilchen.
Doch mittlerweile sind auch andere, besondere „Getreide“-Sorten – die sogenannten Pseudogetreide – zunehmen im Fokus. Sicher hast Du von dem ein oder anderen schon gehört und sie ausprobiert. Doch was sind diese Pseudogetreide und was macht sie besonders oder auch gesünder für den menschlichen Organismus?
Was bedeutet Pseudogetreide?
Wenn Du nach „Pseudo“ in einem Lexikon suchst, erhältst Du die Erklärung, dass das Präfix „Pseudo“ – kenntlich macht, dass etwas nicht echt ist, sondern nur nachgemacht oder nachgeahmt ist.
Doch wie soll man das jetzt in Bezug auf Getreide verstehen fragst Du Dich?
Pseudo hat in diesem Fall eine sehr positive Bedeutung und soll keineswegs als abwertend empfunden werden. Pseudogetreide sind getreideähnliche, oft stärkehaltige Samen, die aber nicht zu den eigentlichen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel oder Roggen gehören. Jedoch werden sie, genau wie die üblichen Getreidesamen, gleichsam in der Küche verwendet und zu Mehl und anderen Mehlspeisen verarbeitet. Das Wundervolle an Pseudogetreide ist, dass sie kein oder weniger Gluten enthalten und somit für Menschen mit Glutenunverträglichkeit oder Weizensensitivität bis hin zu Weizenallergie bestens geeignet sind und daher in den meisten Fällen super verträglich sind. Zudem enthalten Sie kein Histamin, welches bei manchen Menschen auch Entzündungen hervorruft. Im Folgenden möchten wir Dir einige bekannte Pseudogetreide vorstellen.
Amaranth – Kraftkorn der Inkas und Azteken
Amaranth ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Das zu den Fuchsschwanzgewächsen gehörende Pseudogetreide wurde bereits von den alten Inka- und Aztekenstämmen in Süd- und Mittelamerika als Hauptnahrungsmittel genutzt wegen seinen kraftvollen Inhalten.
Die Power von Amaranth spiegelt sich auch in ihrem anspruchslosen Gedeihen wider. Du könntest Amaranth sogar in Deinem Garten anbauen. Was Du benötigst ist nur ein sonniges Plätzchen. Erstaunlich, oder? Ein wahrer Überlebenskünstler – auch in hohen Lagen – dessen Kraft Du auf Dich übertragen kannst.
Nährstoffbombe Amaranth
Das Wundergetreide enthält sage und schreibe 16 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm. Es versorgt Deinen Körper mit Mineralstoffen wie Calcium, Eisen, Magnesium und Zink. Auch die biologische Wertigkeit von 75% ist unschlagbar. Dies bedeutet, dass Dein Körper dieses Eiweiß zu 75% in körpereigenes Eiweiß umwandeln kann. Als Richtwert dafür wird ein Hühnerei mit einer biologischen Wertigkeit von 100% zurande gezogen. Also perfekt für Deine vollwertige, pflanzliche Ernährung!
Wusstest Du, dass Amaranth vergleichweise wenig Kohlenhydrate enthält (100 Gramm enthalten circa 62 Gramm gute Kohlenhydrate) und zeitgleich durch seine Ballaststoffe für eine gute Sättigung sorgt? Dadurch treibt es auch Deinen Blutzuckerspiegel nicht so stark in die Höhe und Du wirst lange mit gleichmäßiger Energie versorgt und Du tust zeitgleich Deinem Darm etwas Gutes.
Zudem ist Amaranth reich an ungesättigten Fettsäuren und enthält viel Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren, welche in einem gesunden Verhältnis zueinander unheimlich wichtig sind für Deinen Organismus und welche Du nur über die Ernährung aufnehmen kannst. Das in Amaranth enthaltene Molekül Lecithin, ein Phospholipid, wirkt entzündungshemmend, schützt den Magen-Darm-Trakt und ist Baustein Deiner Zellwände. Außerdem ist es wichtig für Deine Gehirn- und Nervenfunktionen.
Amaranth – der Lysin-Lieferant
Was ist Lysin? Lysin Ist eine von 8 essentielle Aminosäuren und unterstützt Deinen Körper beim Muskelaufbau und wird für andere Aminosäuren benötigt. Denn nur dann können aus den verschiedenen Aminosäuren Proteine hergestellt werden. Lysin ist wichtig für Dein Knochenwachstum und unterstützt die Teilung Deiner Körperzellen. Es synthetisiert Kollagen und sorgt somit für ein starkes Bindegewebe.
Insgesamt enthält 100 Gramm Amaranth 370 Kilokalorien. Klingt erstmal viel, ist es aber nicht, wenn man berücksichtigt, wie viele nahrhafte Inhaltsstoffe enthalten sind.
Buchweizen – der Pseudoweizen ohne Gluten?
Der Buchweizen ist ein wirklicher Pseudotyp, hat er doch so gar nichts mit dem Weizen, den Du kennst, zu tun! Noch dazu ist er kein Getreide, sondern gehört zu den Süßgräsern und hat einen nussigen Geschmack. Hast Du das gewusst? Aufgrund seiner Form, die sehr den Bucheckern ähneln, hat er seinen Namen verpasst bekommen. Buchweizen ist glutenfrei und damit bei einer Glutenunverträglichkeit oder Weizenallergie super bekömmlich und eine absolute Nährstoffbombe.
Der Pseudoweizen ist ebenso ein anspruchsloser Geselle, was den Anbau betrifft. Er wächst sogar auf sandigen, steinigen und kargen Böden!
Auch er liefert – wie sein Kollege Amaranth – hochwertige Proteine, pro 100 Gramm circa 12 Gramm. Dabei enthält er auch noch alle 8 essentiellen Aminosäuren und kann so besser zur Deckung Deines individuellen Bedarfs an Proteinen beitragen. Er enthält sogar fast 500 Milligramm Lysin. Er übertrifft sogar Amaranth mit seiner biologischen Wertigkeit – 77 Prozent werden zu körpereigenem Eiweiß umgewandelt. Normaler Weizen hat nur eine Wertigkeit von 51 Prozent. Schon ein erstaunlicher Unterschied, oder?
Der Pseudoweizen enthält auch wie seine Pseudofreunde komplexe Kohlenhydrate, die Dir ein langfristiges Sättigungsgefühl verschaffen. Von 100 Gramm Buchweizen beträgt der Anteil an Kohlenhydraten rund 70 Gramm.
Vom Fettgehalt her hat Buchweizen unter 2 Gramm Fett pro 100 Gramm und besteht zumeist aus einfach ungesättigten Fettsäuren, aber auch mehrfach ungesättigte und gesättigte Fettsäuren mit einem durchaus positiven Verhältnis zueinander.
Buchweizen enthält viele besondere Wunderwaffen. Zum einen Rutin, welches den Blutdruck sinken lassen kann. Zum anderen Isonitol, ein Stoff, welcher den Blutzuckerspiegel regulieren kann und zu guter Letzt Lezithin, ein Phospholipid. Dieses macht Deine Zellwände stark und flexibel. Zusammen mit Cholin, einer vitaminähnlichen Substanz, kann Dein Körper dieses selbst herstellen, jedoch oftmals in unzureichender Menge. Bedeutsam sind auch die enthaltenen Flavonoide, welche sich positiv auf die Gefäßwände auswirken können und die Durchblutung in den Kapillaren, Deinen kleinsten Blutgefäßen, verbessern können.
Ansonsten strotzt das Knöterichgewächs, zu welchem der Buchweizen gehört, vor Mineralstoffen wie Kalzium, Kalium, Magnesium und Phosphor und auch einigen B-Vitaminen.
Noch ein kleiner Tipp für Dich:
In der Samenschale des Buchweizens befindet sich Fagopyrin, ein Stoff, der Deine Haut lichtempfindlicher machen kann. Bevorzuge daher besser die geschälte Variante. By the way: der lateinische Name des Buchweizens lautet „Fagopyrum“ =)
Insgesamt enthalten 100 Gramm Buchweizen 340 Kilokalorien. Damit untergräbt er sogar den Amaranth.
Das Anden-Superfood Quinoa
Auch Quinoa gilt als Grundnahrungsmittel der alten Inka-Stämme in Südamerika und ist ein wahres Wunderwerk der Natur. Quinoa wird auch als Andenhirse, Inkakorn, Inkareis oder Reisspinat bezeichnet. Es enthält extrem viele Vital- und Mineralstoffe und ist ein begnadeter Eiweißlieferant. Während normale Getreideprodukte fast nur aus Kohlenhydraten bestehen, enthält auch dieses Pseudogetreide zahlreiche hochwertige Inhaltsstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Und dazu auch noch glutenfrei!
In den Anden machen dem Gänsefußgewächs die kargen Böden und das raue Klima in diesen beeindruckenden Höhen nichts aus. Auch in Deutschland wird mittlerweile Quinoa angebaut, mit Erfolg. Also kannst Du auch bei diesem Pseudogetreide wieder von seiner Kraft und seinem Überlebenswillen profitieren und diese in Dich aufnehmen.
Quinoa als starker Eiweißlieferant
Das Inkakorn ist eines der wenigen Nahrungsmittel, welches alle 9 Aminosäuren enthalten. Für eine pflanzliche Nahrungsquelle eher untypisch. 100 Gramm Quinoa beinhalten circa 16 Gramm Eiweiß, also optimal bei einer pflanzlich vollwertigen Ernährungsweise, aber auch bei jeder anderen Form der Ernährung ein absoluter Küchenheld.
Durch seine komplexen Kohlenhydrate, die erst aufgespalten werden müssen und dem hohen Ballaststoffgehalt werden starke Blutzuckerschwankungen vermieden und Du bleibst länger satt. 100 Gramm ungekochter Quinoa enthalten circa 63 Gramm Kohlenhydrate.
Was die Fette betrifft beinhaltet Quinoa über 90% hochwertige, ungesättigte Fettsäuren. Durch gesunde Omega-3-Fettsäuren und Linolensäure kann es Deinen Körper vor Entzündungen schützen und bei Entzündungsprozessen unterstützen. Auch senkt es das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Neben Lysin, welches wir Dir schon vorgestellt haben, ist im Inkareis sehr viel Calcium, Eisen, Kupfer, Magnesium, Mangan, Vitamin B2 (Riboflavin) und Vitamin E enthalten. Du kannst mit 100 Gramm Quinoa rund ein Drittel oder bis die Hälfte der empfohlenen täglichen Menge an Eisen, Magnesium und Mangan zu Dir nehmen. Mangan zum Beispiel lässt Deine Knochen stark bleiben. Vitamin B2 fördert den Energiestoffwechsel Deiner Zellen und kann somit auch Migräne mildern und Deine Stimmung insgesamt aufhellen, da die enthaltene Aminosäure Tryptophan die Serotoninbildung anregt – DEM Glückshormon schlechthin!
Die Kombination aus Mangan und Kupfer aktiviert ein bestimmtes Enzym, welches die Kraftwerke Deiner Zellen – die Mitochondrien – vor oxidativen Stress schützt.
100 Gramm Quinoa enthalten circa 370 Kilokalorien im ungekochten Zustand.
Nun haben wir Dir die 3 bekanntesten Pseudogetreide vorgestellt und ihren gesundheitlichen Nutzen nähergebracht. Amaranth, Buchweizen und Quinoa sind wahre Wunderwerke der Natur, reich an hochwertigen Proteinen, komplexen, sättigenden Kohlenhydraten und gesunden Fettsäuren. Sie sind gefüllt mit zahlreichen Vitalstoffen und Mineralstoffen und ein Muss in jeder Küche. Du kannst mit Ihnen einen Großteil der aufgeführten Nährstoffe decken und bekommst dabei auch noch gute Laune. Was gibt es Besseres? Also wenn Du jetzt nicht überzeugt bist, bei Dir selbst öfters Pseudogetreide auf den Tisch zu bringen, dann weiß ich auch nicht =)
Nährstoffgehalt von Amaranth, Buchweizen und Quinoa im Vergleich zu Weizen(Angaben pro 100 g) |
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Nährstoffe | Amaranth | Quinoa | Buchweizen | Weizen (Vollkorn) |
Energie | 370 kcal | 335 kcal | 336 kcal | 302 kcal |
Eiweiß | 14,6 g | 13,8 g | 9,1 g | 12,1 g |
Lysin | 747 mg** | 860 mg* | k. A. | 380 mg* |
Methionin | 226 mg** | 188 mg* | k. A. | 220 mg* |
Fett | 8,8 g (6-9 g)* | 5,0 g | 1,7 g | 2,0 g |
Kohlenhydrate | 56,8 g | 58,5 g | 71 g | 59,7 g |
Ballaststoffe | 10,3 g | 6,6 g | 3,7 g | 11,7 g |
Kalium | 484 mg | 804 mg | 392 mg | 378 mg |
Kalzium | 214 mg (214-250 mg)* | 80 mg | 21 mg | 28 mg |
Magnesium | 308 mg | 276 mg | 142 mg | 130 mg |
Eisen | 9 mg (9-15 mg)* | 8,0 mg | 3,5 mg | 4,7 mg |
Zink | 3,7 mg | 2,5 mg | 2,7 mg | 3,4 mg |
Vitamin E | 1,4 mg | 1,4 mg | 0,8 mg | 2,1 mg |
Vitamin B1 | 0,8 mg | 0,17 mg | 0,24 mg | 0,47 mg |
Vitamin B2 | 0,19 mg | 0,11 mg | 0,15 mg | 0,17 mg |
Vitamin B6 | 0,4 mg | 0,44 mg | 0,58 mg | 0,46 mg |
Folsäure | 82 µg | 184 µg | 50 µg | 50 µg |
Quelle: Ernährung im Fokus 05/06-2015, S. 157 ergänzt um Buchweizen
https://www.bzfe.de/inhalt/pseudogetreide-28441.html
Quellen
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Rath, M. „Plasmin induced proteolysis and the role of apoprotein(a), lysine and synthetic lysine analogs.“ Journal of Orthomolecular Medicine (1992) 7: 17-23. (Link)
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Kumar A et al., „In Vitro ?-Amylase Inhibition and Antioxidant Activities of Methanolic Extract of Amaranthus Caudatus Linn.“ Oman Med J. 2011 May;26(3):166-70. (Link)
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Yeshajahu Pomeranz, George S. Robbins „Amino acid composition of buckwheat“ J. Agric. Food Chem., 1972, 20 (2), pp 270274 (Link)
-
Hans Brockmann, Erhard Weber, Gottfried Pampus:
Protofagopyrin und Fagopyrin, die photodynamisch wirksamen Farbstoffe des Buchweizens (Fagopyrum esculentum).
In: Die Naturwissenschaften, (1951), DOI 10.1002/jlac.19525750106. (Link) -
Rapid Depletion of Plasma Tryptophan: A Review of Studies and Experimental Methodology (Link)
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Antioxidative properties and flavonoid composition of Chenopodium quinoa seeds cultivated in Japan (Link)
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